Bielefeld, 24.09.2024
„Aus unserer Sicht setzen Bahn und Bund mit der Hochgeschwindigkeitsplanung die falschen Prioritäten. Um die Qualität des Bahnverkehrs zu verbessern, brauchen wir kurzfristig wirkungsvolle Maßnahmen!“ Mit diesem Statement fasst Dipl.-Ing. Carsten Lottner die Einschätzung von Parents for Future Bielefeld zu den von der DB veröffentlichten Trassenvarianten zusammen. „Angesichts fehlender finanzieller und planerischer Ressourcen müssen schnell realisierbare Maßnahmen im Sinne von mehr Zuverlässigkeit höchste Priorität haben, bevor der Fokus auf Schnelligkeit gelegt wird. Eine schnelle Verbindung, die auf dem Fahrplan steht, nützt keinem etwas, wenn der Zug dann ausfällt“, so der Raumplaner von Parents for Future Bielefeld weiter. Mit der geplanten Neubaustrecke würden Ressourcen und Gelder in Milliardenhöhe gebunden, die dann für die kurzfristigen Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stünden, so die Befürchtung der Parents for Future.
Die Deutsche Bahn hat Mitte August Trassenvorschläge veröffentlicht, mit denen sie ihre Projektziele gemäß Deutschlandtakt verwirklichen will. Die Vorgabe ist hierbei, mit Hochgeschwindigkeitszügen zwischen Bielefeld und Hannover nicht länger als 31 Minuten zu benötigen. Alle Varianten lösen sich in großen Teilen von der bestehenden Strecke. Damit wären laut Lottner große Eingriffe für Mensch, Natur und Landschaft verbunden. „In jeder Variante sind große Anteile von Tunneln (rund 40% der Strecke) und Brückenbauwerken erforderlich, wofür eine gigantische Menge Beton benötigt würde.“
Parents for Future Bielefeld betont, dass sie die Idee des Deutschlandtakts ausdrücklich unterstützen. „Den Fern-, Nah- und Güterverkehr auf der Schiene so aufeinander abzustimmen, dass die Schienenkapazitäten bestmöglich genutzt, Reisezeiten verkürzt und Umstiege optimiert werden, ist sinnvoll und sollte weiterverfolgt werden.“, macht Dr. Barbara Burghardt die Position der Parents for Future deutlich. Hier können aber auch ohne Schnellbaustrecke wesentliche Verbesserungen erreicht werden. Laut Burghardt fehle weiterhin eine gutachterliche Prüfung, wie ein Deutschlandtakt aussehen würde, der das Ziel der < 60 Minuten zwischen Hamm und Hannover aufgibt. „Auch wenn dadurch vielleicht nicht alle Umsteigemöglichkeiten realisiert werden können, wäre sicherlich auch mit einem Ausbau der Bestandsstrecke eine wesentliche Verbesserung zum IST-Zustand möglich. Ein solches Gutachten muss endlich in Auftrag gegeben werden“, so Burghardt.
Die Parents for Future Bielefeld sorgen sich auch um die negativen Auswirkungen, die durch den Bau der Schnellfahrstrecke zu erwarten wären. Allein ein Blick auf das Bielefelder Stadtgebiet mache dies deutlich: In vielen der Varianten mündet die neue Trasse in Schildesche in die Bestandsstrecke. Dazu müsste ein weiteres Viadukt gebaut werden, welches östlich des heutigen Viadukts verlaufen würde. Dadurch würde die artenreiche Johannisbachaue mit ihrem hohen Wert für Naherholung und Naturschutz zerstört. Nicht zuletzt diene die Aue als dringend notwendiges Hochwasserschutzgebiet, wie das Hochwasser im Dezember 2023 eindrücklich gezeigt habe. „Die vielfältige Bedeutung dieser Fläche für die Großstadt Bielefeld wird hier verkannt.“, befürchtet Carsten Lottner.